Arbeiten. Und zwar mit Haltung.

Es gibt immer wieder Umfragen, die sagen, Agenturleute haben eines der schlechtesten Images aller Berufsgruppen. Nun ja. Ich weiß nicht, wo das herkommt. Ich kenne nur, okay, fast nur, Kollegen, mit Anspruch an ihre Arbeit und mit klarer Haltung zu Branchen und Produkten. Wenn früher, also in den 80ern, über das Thema gesprochen wurde, hörte man oft den Satz: „Ich mache alles, nur nicht Atomkraft und Zigaretten.“ Atomkraft und Zigaretten waren böse, manchmal kam auch noch der Begriff Waffen dazu. Ein wohlfeiler Wunsch. Wer kam in seinem Berufsleben schon die Chance, Waffen zu bewerben? Auch die Pro-Atomkraft-Kampagnen sind selten.

Bei Zigarettenwerbung wurde es in den 1990er Jahren schon schwieriger, Tabak-Kunden konnten schon mal auf dem Schreibtisch landen. Trotzdem war „das Böse“ überschaubar. Heute redet kein Mensch mehr über die suchterzeugende Zusatzstoffe und gesundheitliche Folgen des Rauchens. Weil es ja allen klar ist. Im Vergleich zu heutigen Herausforderungen mutet die Diskussion ohnehin fast schon komisch an. Heute ist es ungleich schwieriger, eine Haltung zu finden und Werten treu zu bleiben. Will ich für einen Multi-Konzern arbeiten, der Menschen überall auf der Welt buchstäblich das Wasser abgräbt und große Umweltschäden anrichtet? Will ich für eine Bank arbeiten, die Lebensmittelspekulation betreibt? Wer sich als Werber Werte leisten will, steht auf einmal mitten in einem Minenfeld.

Wenn man Kreative fragt, was sie wollen, werden die meisten von ihnen antworten: „schöne Sachen machen“. „Schöne Sachen“ sind kreative, tolle Ideen, die so auch umgesetzt werden und „draußen“ sichtbar sind. Allein das ist bereits ungeheuer schwierig, wie jeder weiß, der den langen Marsch durch die Hierarchien eines Unternehmens kennt. Dazu kommt natürlich, dass man Geld verdienen will und muss. Wenn wir nun auch noch unsere Werte berücksichtigen, wollen wir „schöne Sachen für gute Unternehmen bei einer fairen Bezahlung“ machen. Das sind drei Wünsche auf einmal und wie wir durch die Werbung wissen, braucht man schon ziemlich dicke Eier, damit uns die jemand erfüllt.

Agenturen können sich selektive Kundenauswahl eigentlich gar nicht leisten, obwohl ich da tatsächlich eine einzige Ausnahme kenne. Auf Dauer allerdings bleibt dabei ein schaler Geschmack. Im Kapitalismus, so haben wir gelernt, treffen wir mit jedem Kauf eine Entscheidung über die Welt, in der wir leben wollen. Welche Entscheidung treffen wir, wenn wir unsere Kreativität in den Dienst von Unternehmen stellen, von denen wir lieber nicht Kunde sein wollen? Ich habe keinen Ausweg aus dem Dilemma.

Attitude-and-Leadership

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