Archiv für das Themengebiet 'Leben.'

Keine Kunst.

Ein Beitrag zum Themengebiet Leben., geschrieben am 24. Januar 2022 von Thomas Lasser

Ganz früher war der Laden, in dem ich Kunst gekauft habe IKEA. Hübsche Poster für die weißen Wände in den ersten Wohnungen. Doch irgendwie ahnte ich recht schnell … da geht noch mehr.

Allein schon aus beruflichen Gründen habe ich ein inniges Verhältnis zur Kunst. Ich bin da ziemlich offen für so ziemlich alles, was man in Galerien, Museen oder Städten finden kann. Schon als Schüler fand ich es wichtig, mein Zimmer mit »Kunst« zu individualisieren, die damals allerdings aus der Posterabteilung von IKEA kam und eher sparsam gerahmt war. Bis heute ist mir deshalb der Moment, in dem ich mein erstes, echtes künstlerisches Unikat in den Flur meiner damaligen Dachgeschosswohnung hängen konnte, in allerbester Erinnerung.

So lag es für mich also nah, auch Theo schon möglichst früh für künstlerische Themen zu begeistern. Kita, Kindergarten und Grundschule machen da ja schon einen guten Job. Und auch im Urlaub wurde er in den unterschiedlichsten KidsClubs schon zum Malen und Basteln animiert. Sein frühes Werk füllt mittlerweile zwei große Kisten im Keller. Vom IKEA, im Übrigen … Ich fand es da nur konsequent, mit ihm auch früh ins Museum zu gehen. Okay, zuerst ins Landesmuseum und da zu den Fischen, aber gleich danach ins Sprengel Museum, in dem man so herrlich flanieren und dabei Kunst angucken kann.

Leider muss ich zugeben: Deutscher Expressionismus und Französische Moderne interessierten Theo noch nicht wirklich, wenn überhaupt, aber immerhin, fand er die verschiedenen Skulpturen und den Merzbau interessant. Kann man drum rum gehen oder auch rein. Passt. Unsere Touren endeten gern im Restaurant des Museums. Für Theo eine Tomatensuppe und für mich ein Glas Chardonnay. Es ist wirklich keine besonders große Kunst, den Tag so lässig ausklingen zulassen. Beim nächsten Besuch »schleppe« ich ihn einfach mal zu den Fotografien. Passt vielleicht besser ins Bild … Salute!

(Dieser Text erschien im Winter 2021 in »Lebe«, dem Mitgliedermagazin von Spar + Bau Hannover.)

Stadtkinder.

Ein Beitrag zum Themengebiet Erinnern., Leben., geschrieben am 30. September 2021 von Thomas Lasser

Theo ist ein Kind der Stadt, im Herzen aber ein Naturliebhaber. Ich selbst wuchs zwischen U-Bahn-Bau und Springhorstsee auf. Über zwei ziemlich unterschiedliche Kinderleben in Hannover.

Als meine Eltern und ich Anfang der 70er Jahre nach Hannover zogen, zogen wir mitten in die Stadt, mitten auf die Lister Meile, die damals noch gar nicht so hieß, denn sie war überall aufgebuddelt um in Hannover den ersten Bauabschnitt der U-Bahn zu bauen. Das sah zwar alles spannend aus, war aber für ein Kind nicht unbedingt ein tolles Umfeld zum Spielen. So beschlossen meine Eltern, für uns einen Wohnwagen mit Stellplatz am Springhorstsee bei Großburgwedeln anzuschaffen. Ich würde sagen, das war die beste Idee aller Zeiten. Denn von nun an verbrachten wir fast jedes Wochenende und viele Ferien einfach dort. Die Erwachsenen saßen vorm Vorzelt, grillten und erzählten, wir Kinder schnitzten, bauten Baumhäuser und badeten im See. Toll. Irgendwann wurde Deutschland 1974 Fußballweltmeister und der kleine Tom rannte vor Freude kreuz und quer zwischen den Wohnwagen rum und konnte sein Glück kaum fassen. Es war einfach eine gute Zeit.

Als Tanja mit Theo schwanger war, machten wir es umgekehrt. Raus aus der Stadt, zwar nicht aufs Land, aber immerhin in einen ziemlich grünen Teil Hannovers. Einen Garten haben wir praktisch nicht, dafür beruhigte Spielstraßen ums Haus, einen Spielplatz in Sichtweite und die Eilenriede ist mit dem Bike ganz schnell erreicht. Also jede Menge Raum um mit anderen Kindern – und davon gibt es viele – zu toben, zu chillen oder einfach Quatsch zu machen. Ganz anders, als Mitte der 70er, als ich in seinem Alter war. Und überhaupt ist ja heute vieles anders als damals. Theos Kumpels haben schon erste Smartphones, ich damals immer 20 Pfennig für die Telefonzelle in der Tasche. Wer Geburtstag feiert lädt heute in die Activityarena, ich konnte früher noch mit Topfschlagen und der Reise nach Jerusalem punkten. Es geht halt immer alles weiter … spannend zu erleben, was Theo dann so tut, wenn er mit seinem Kind ins erste gemeinsame Zuhause zieht. Viel Glück, Kumpel.

(Dieser Text erschien im Herbst 2021 in »Lebe«, dem Mitgliedermagazin von Spar + Bau Hannover.)

Sportsfreund.

Ein Beitrag zum Themengebiet Leben., geschrieben am 30. Juni 2021 von Thomas Lasser

Die Suche nach einer passenden Sportart für meinen Sohn beschäftigt mich nun schon eine ganze Weile. Hat Theo sein Glück auf dem Tennisplatz gefunden?

Fußball. Alles, nur bitte kein Fußball. Das war mein einziger Wunsch, als es darum ging, Theo vor ein paar Jahren zum Sport zu motivieren. Der Gedanke an zahllose Sonntage im Nieselregen am Rand eines Platzes irgendwo in der niedersächsischen Provinz ließ mich schaudern. Zum Glück war das aber auch überhaupt kein Thema. Wie seinem Vater fehlt es Theo am nötigen Ballgefühl.

Hockey. Es war der erste Versuch, meinen Sohn regelmäßig aufs Feld zu führen. Dazu in einer Mannschaft, das gefiel auch seiner Mutter ganz gut. Aber irgendwie fehlte ihm dafür die nötige Ernsthaftigkeit und der richtige Teamgeist. Statt den Ball geschickt zum Mannschaftskollegen oder in die jeweils richtige Richtung zum Tor zu spielen war ihm zielloses Herumgekullere lieber. Am Ende war seine Position dann die auf der Ersatzbank.

Leichtathletik. In der Schule die einzige Sportart, in der ich mich wirklich sehen lassen konnte. Laufen, springen, werfen … das war mein Ding. Und so hoffte ich, dass auch Theo etwas von diesen Talenten geerbt haben könnte. Hat er auch. Nur das ihm trotz der sportlichen Vielfalt in Windeseile immer langweilig wurde. Corona machte dem Ganzen dann vor mehr als einem Jahr ein willkommenes Ende.

Tennis. Spielte ich selber jahrelang und gerne. Erste Schnupperstunden machten uns berechtigte Hoffnung, dass unser Sohn hier wohl länger am Ball bleiben könnte. Der kommt zwar nur selten elegant übers Netz und kracht auch schon mal an die Hallendecke. Was ihm jedoch den Spaß an diesem Sport bis heute nicht nahm. Ein echter Vorteil. Na dann … Spiel, Satz und Sieg … Theo!

(Dieser Text erschien Ende Juni 2021 in »Lebe«, dem Mitgliedermagazin von Spar + Bau Hannover.)

Hannover geht nicht mehr aus.

Ein Beitrag zum Themengebiet Anmerken., Essen., Leben., Trinken., geschrieben am 16. April 2021 von Thomas Lasser

Lockdown, mal mehr oder weniger lang, mal mehr oder weniger hart. Ein Ende? Nicht in Sicht. Das trifft mich als Mensch, der gerne ausgeht, natürlich besonderes. Was war also los in den letzten Monaten?

Die Idee zu diesem Text kam mir am 16. April 2021. Also heute. Exakt 13 Monate ist es nun hier, dass in Hannover zum ersten mal die Gastronomie runtergefahren wurde, ich am Sonnabend zuvor schon nicht mehr meine Zeitungen im »Mövenpick« lesen konnte, ich zum letzten mal am Mittag im »Rotonda« ein Glas Wein trank. Wie an jedem Sonnabend zuvor in der City, ich würde mal sagen, seit weit mehr als 25 Jahren, es sei denn, ich war auf Reisen.

»Hannover geht nicht mehr aus« heisst für mich aber auch, dass ich zur Zeit nicht mehr für Magazine über interessante Restaurants schreibe, was ich ebenfalls 25 Jahre lang getan habe. Wenn nichts auf ist, wo man hingehen kann, dann muss man in Zeitungen und Magazinen auch nicht darüber schreiben. Es sei denn, sie machen »Außer Haus« oder haben einen Lieferservice, was nicht nur dem einen oder anderen, sondern mittlerweile ganz schön vielen Abenden bei mir Zuhause einen gewissen Glanz verliehen hat. Satt bin ich also in den letzten 13 Monaten immer geworden. Also, was fehlt?

Es fehlen die anderen Räume, schließlich hängt man fast nur noch Zuhause rum. Es fehlen die anderen Gesichter, die wenigen aus dem anderen geschätzten Haushalt, den man noch trifft, kennt man nun gut genug. Es fehlen die Geräusche, die Gerüche, die neue Vorspeise, der andere Wein. Um das man sich alles nicht selbst kümmern muss, man sitzt einfach nur da und lässt es sich gut gehen. Herrlich. Zum letzten mal konnte ich das am 1. November genießen. Das ist jetzt über ein halbes Jahr her …

Mit Sicherheit ist »ausgehen« zur Zeit nicht das wichtigste Thema der Welt. Aber eine vielfältige Gastronomie (Kulturszene, Einzelhandel und so weiter und so fort) trägt für mich zur Lebensqualität bei. Diese möchte ich auch nach der Pandemie wieder genießen. Gerade inhabergeführte Läden ohne einen Konzern oder Investor im Hintergrund sind es Wert, erhalten zu bleiben. Das wünsche ich mir. Ungefähr genau so sehr, wie eine Dosis Impfstoff im Oberarm. Guten Appetit und alles Gute.

Lockdown. Extrem.

Ein Beitrag zum Themengebiet Leben., geschrieben am 31. März 2021 von Thomas Lasser

Unser Lieblingsvirus hat uns immer noch ein bisschen im Griff. »Lockdown« ist nun der Anglizismus des Jahres. Tatsächlich gewinne ich dem Ganzen gerade ganz neue Seiten ab.

Ich weiß, es kann ja niemand mehr so recht hören, lesen oder fühlen: Lockdown eins, zwei, light, hard, reloaded oder was auch immer. Unser Leben stand über Monate ziemlich still. Hier und da mal in den Supermarkt. Am Wochenende Treffen mit einem guten Freund, natürlich immer derselbe. Zumindest, wenn man sich an die Regeln hielt, was ich tat, denn ich wollte nicht zu denen gehören, die Schuld sind, wenn wir im Sommer immer noch im Homeoffice sind und parallel Homeschooling betreiben. Pandemiebekämpfung mal ganz praktisch. Aber wem ging es nicht so …

Als dann im Februar nach mehr als zehn Jahren mal wieder der Winter kam, war ich eigentlich ganz gut drauf. Schön sah es aus, als sich eine dicke Schicht Puderzucker auf Hannover legte. Nicht so schön waren die Begleitumstände für die, die nicht nur aus dem Fenster guckten, sondern noch auf ein Fünkchen Mobilität angewiesen waren. So wie ich, der hin und wieder ins menschenleere Büro musste, um den Briefkasten zu leeren. Auf dem Heimweg passierte es dann. Ausgerutscht auf dem nicht geräumten Parkplatz, Sprunggelenk angebrochen, Unterschenkel eingeschient, Krücken um sich fortzubewegen. Ich schickte mich also selber noch tiefer in den Lockdown. Jetzt waren selbst Postarbeiten, Supermarkt, Call & Collect oder Abholfahrten zum Bistro um die Ecke verboten. Krass.

Was blieb, war der täglich Weg vom Bett aufs Sofa und zurück. Und eine genervte Tanja, die nun all die vielen (!) Jobs im Haushalt, die sonst meine sind, leider mitmachen musste. Der Einzige, der sich damals sichtlich freute, dass ich Zuhause war, war Theo. Mit strahlenden Augen täschelte er meine Beinschiene, kuschelte sich an mich und bemerkte: »Papa, wie schön, dass Du jetzt immer da bist!«. Süß. Nur leider keine Option für die Zukunft. In der ich mich auf Regelunterricht, Restaurantbesuche, Konzerte und Reisen freue. Wird ja langsam auch mal wieder Zeit.

(Dieser Text erschien Ende März 2021 in »Lebe«, dem Mitgliedermagazin von Spar + Bau Hannover.)

Dumm gelaufen (Symbolbild).

Ein Beitrag zum Themengebiet Leben., geschrieben am 28. Februar 2021 von Thomas Lasser

Heiliger Abend. Wie schön.

Ein Beitrag zum Themengebiet Anmerken., Leben., geschrieben am 24. Dezember 2020 von Thomas Lasser

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Ich wünsche Euch allen eine besinnliches Weihnachtsfest voller Frieden und Freude. War 2020 für Euch zufällig ein gutes Jahr, dann soll das nächste natürlich auch so werden. Und war es aus bestimmten Gründen auch mal schwer, dann wird 2021 vielleicht etwas leichter … jetzt aber erst einmal … stille Nacht!

»Schützenfest« 2020. Es war grotesk.

Ein Beitrag zum Themengebiet Erinnern., Leben., geschrieben am 30. Oktober 2020 von Thomas Lasser

Spiele Alm.

Ein Beitrag zum Themengebiet Leben., geschrieben am 24. September 2020 von Thomas Lasser

Urlaub 2020. Komplett stornieren? Einfach umbuchen? Oder verschieben? Noch nie war der Wunsch nach schönen Ferien eine größere Herausforderung als in diesem Jahr.

Wer wie Tanja und ich seit März fast nur noch zuhause sitzt, dem fällt, ganz gleich wie sehr man seine Wohnung liebt, irgendwann die Decke auf den Kopf. Insofern stellte sich die Frage nach Urlaub in diesem Jahr eigentlich nicht. Wir mussten mal raus. Und sei es nur für ein paar Tage. Nur wie und wohin? Eine Flugreise kam zwar für meine Frau, nicht aber für mich in Frage. Allein schon der Gedanke jetzt mit 200 fremdem Menschen ein paar Stunden auf engstem Raum in einer Metallröhre festzusitzen verursachte bei mir Herzrasen. Blieb zur Fortbewegung also eigentlich nur das eigene Auto. Also freute ich mich mal wieder auf einen Roadtrip. 

Wir entschieden uns für ein Natur- und Wellnesshotel in Österreich. Weil Tanja gerne auf Bergen steht, Theo unbedingt einen Kidsclub wollte und ich fand, dass unter den 12 Saunen des Hauses sicher die eine oder andere sei, in der ich mich gut entspannen könnte. Nach knapp 850 Kilometern Fahrt kamen wir auf gut 1.100 Metern Höhe an. Wir bezogen unser Zimmer mit fantastischer Aussicht auf das Dachsteingebirge und auf eine kleine Hütte mit dem Namen »Spiele Alm«. Noch nicht wissend, dass dieser Ort noch der Stein des Anstoßes in unserem Urlaub werden würde. Denn in der von außen rustikal anmutenden »Spiele Alm« ging es im inneren hochtechnisch zu. Zahlreiche Spielekonsolen wetteiferten hier um die Aufmerksamkeit der Kinder.

Derweilen wir zuhause unser Kind von Computerspielen aller Art noch sehr gut fernhalten können, kam es im Urlaub dann ganz anders. Gelang es uns nicht Theo ausreichend zu bespaßen oder war es im Kidsclub weniger spannend konnten wir unser Kind flitzen sehen. Raus aus dem Hotel, ab über die Wiese, hoch zur »Spiele Alm«. Sofern wir gerade beim Abendessen saßen, fanden wir uns für ein warmes Hauptgericht und etwas Ruhe am Tisch noch damit ab. Für maximal 20 Minuten. Sofern nicht, war aber immer »Need for Speed« angesagt, damit wir Theo noch vor dem Griff zum heißgeliebten Controller einfangen konnten. Game over.

(Dieser Text erschien Mitte September 2020 in »Lebe«, dem Mitgliedermagazin von Spar + Bau Hannover.)

Tag 99.

Ein Beitrag zum Themengebiet Leben., geschrieben am 23. Juli 2020 von Thomas Lasser

Covid 19 torpediert 2020. Mit Abstandhalten, Handdesinfektion und Maskenpflicht. Und beschert uns unerwartet viel Zeit mit unseren Kindern.

Früher war »Corona« mal ein schönes Wort. Es stand für ein leichtes mexikanisches Bier, was ich in südamerikanischen Cocktailbars sehr gern gegen den ersten Durst trank. Damit begann so manch fröhliche After-Work-Session. Heute ist Corona der Horror. Verdammtes, heimtückisches Virus. Der Tag, an dem ich diesen Text schreibe, ist der 99. Tag, in dem wir alle zuhause sind. Theo, weil die Grundschule noch immer nicht im Normalbetrieb läuft. Tanja, weil sie aus dem Home Office für ihre Firma Kurzarbeit in halb Europa organisiert. Und ich, weil unser Büro »dicht« ist. Wegen Corona. Also, nicht wegen Bieres.

Der Einzige, der gerade die Zeit seines Lebens hat ist Theo. Aufstehen um 6.00 Uhr? Nö. Pünktlich zum Treffpunkt der Rollergruppe um in die Schule zu fahren? Gestrichen. Deutsch, Mathe und Sachunterricht? Zuhause. Denn während alle Eltern versuchen, ihre Jobs aus dem Arbeitszimmer oder vom Esstisch zu retten, hat Theo frei. Zumindest theoretisch, denn Woche für Woche kommt von der Schule ein fettes Paket an Arbeitsblättern, die wir zwischen diversen Video- und Telefonkonferenzen sowie Texten und Präsentationen versuchen mit ihm durchzuarbeiten. Zum Glück geht das Kind noch nicht aufs Gymnasium … trotzdem: Für nicht ausgebildete Pädagogen alles andere als ein Geschenk. Über nicht vermittelten Stoff oder andere Defizite will ich gar nicht erst reden.

Home Office ist jetzt nämlich eigentlich Corona Office. Was im Zuge von New Work mal dafür gedacht war, sich eine Zeit aus dem Bürobetrieb abzuseilen um dann ungestört Zuhause komplexe Themen zu bearbeiten, ist jetzt nichts anderes, als das Jonglieren mit Frühstück, Hausaufgaben, Mittagessen, Lagerkoller, Streamingangeboten, Computerspielen und Kundenwünschen. Zumindest, wenn man mit Kids zusammenwohnt und den Anspruch hat, nicht nur seine Firma, sondern auch die Familie als Laden gut am laufen zu halten. Unsere gemeinsamen Tage sind noch lange nicht gezählt.

(Dieser Text erschien Anfang Juli 2020 in »Lebe«, dem Mitgliedermagazin von Spar + Bau Hannover.)